Bearbeitungszeitraum: 2021
Ort: Karlsruhe, Waldstadt
Größe: 17.100 qm BGF (R)
Konstruktion: Holz-Hybrid-Bauweise
Leistungsphasen: Wettbewerb, 3. Preis
Auslober: Volkswohnung GmbH Karlsruhe
Verfasser: JMN Architekten PartmbB mit SPS Planfabrik
Städtebauliche Setzung
Im Bewusstsein und Respekt gegenüber der von Prof. Selg entworfenen, stringenten Struktur der Waldstadt mit ihrer typischen Zeilenstruktur, haben wir uns für eine sensible und differenzierte Weiterentwicklung bzw. Ergänzung der bestehenden Zeilenstruktur entschieden. Unsere fünf vorgestellten Baukörper des Realisierungsteiles entsprechen zunächst einmal grundsätzlich der Typologie einer klassischen Zeilenbebauung, wie sie bereits vom abzubrechenden Bestand typologisch vorgegeben war.
Durch die jeweils von Nord nach Süd in Längsrichtung verlaufenden, neu entworfenen Zeilen, soll das waldstadttypische „Durchfließen“ der begrünten und bewaldeten Freiräume weiterhin gewährleistet bleiben. Die an den „Trittstufen“ gesetzten Punkthäuser des Ideenteiles sollen einerseits ein starkes gegenüber zu den jeweils an den Trittstufen gelegenen Zeile bilden und gleichzeitig wie ein Kieselstein im Wasser das „Durchfließen“ des bewaldeten Grünes ermöglichen.
Die beiden 5-geschossigen Zeilen (Haus B und Haus D) sind direkt am Straßenraum platziert und wurden an den „Trittstufen“ so in Richtung Südosten abgeknickt, um einen Freiraum nach Westen hin zu „öffnen“. Dadurch ergibt sich mit der eigentlichen „Trittstufe“ als „Gelenk“ und Übergang eine großzügige, öffentliche Vorzone westlich der Zeile, die jeweils einen der beiden neuen „Quartiersplätze“ markiert.
Hier sind im – von der Straße einige Meter zurückspringendem – Erdgeschoß öffentliche und gemeinschaftlicher Nutzungen vorgesehen.
Am Gebäudeknick der jeweiligen Zeile befindet sich der Eingang zu den Wohnungen. Der rückwärtige Teil aller Zeilen wird nach Nordosten abgeknickt. Ein respektvoller Abstand zur bestehenden Zeilenbebauung wird gewahrt und als nachbarschaftlich nutzbarer Freiraum gestaltet.
Die Kubaturen der von der Straße zurückgesetzten Zeilen „im Wald“ (Haus A, Haus C und Haus E) sind bewusst nur 4-geschossig ausgeführt. Das vordere Abknicken der Baukörper nach Südosten markiert hier Freiräume und Vorgärten für die Hausbewohner selbst.
Die geringere Höhe der Baukörper erscheint maßvoll; die höheren Zeilen (Haus B und Haus D) markieren dagegen die „Trittstufen“ und heben deren Bedeutung für die Nord-Süd-Verbindung der Freiräume des Quartiers hervor.
Um diese Verbindung auch gestalterisch zu stärken, befindet sich das Höhenniveau der Trittstufen auf dem Höhenniveau der Quartiersplätze und des Gehweges und somit ca. 20 cm über dem Straßenniveau.
Dadurch erfährt der Verkehr im Bereich der Trittstufen eine selbstverständliche Verlangsamung.
Differenzierte Wohn- und Aufenthaltsqualitäten
Die von uns vorgeschlagene Differenzierung der Frei- und Außenräume mit ihren unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten und Intimitätsstufen, vermittelt schrittweise von öffentlichen- über gemeinschaftliche Zonen bis in die Intimität der privaten Wohnbereiche.
Außenräume, Erschließung und Laubengänge bilden mit Ihren erweiterten Funktionen diesen Übergang ab.
Die Laubengänge mit ihren Aufweitungen vor den Wohnungszugängen dienen als Erweiterung des Wohnraums und fördern gleichzeitig durch ihre Erschließungsfunktion die zufällige Kommunikation der unmittelbaren Anwohner. Lufträume, die vertikal durchgrünt werden, bilden eine freundliche Pufferzone zu den dem Laubengang angegliederten intimeren Wohnungszonen.
Durch diese Durchmischung von „öffentlichen“ und „privaten“ Zonen soll eine positiv aufgeladene, neue Atmosphäre gelebter Nachbarschaft entstehen, sogenannte „Mikronachbarschaften“. Auf diese Weise kann sich ein neuer Gemeinschaftssinn unter den Bewohnern entwickeln und gelebt werden.
„Urban Mining“
In Hinblick auf einen zunehmenden in internationalen Wettbewerb um die knappen Rohstoffe der Erde kann die Nutzung von Sekundärrohstoffen dazu beitragen, die natürlichen Ressourcen der Erde zu schonen und so die Lebensgrundlagen bestehender und zukünftiger Generationen zu sichern. Dieser Prozess Abbruchmaterial aufzubereiten um es wieder zu verwenden wird als „Urban Mining“ bezeichnet.
Vor diesem Hintergrund regen wir an, das Abbruchmaterial aus den abzubrechenden Bestandsbauten, soweit als möglich, in „Recycling-Stoffkreisläufe“ zu integrieren. Materialien aus den Bestandswänden könnten als Schotterunterbau für die Freianlagen oder sogar als Zuschläge für die Wände aus Recyclingbeton verwendet werden. Das Holz der abgebrochenen Dachstühle können zu Latten oder Holzschindeln verarbeitet werden.